das vernünftige Großhirn, unser rationaler Verstand (der Neokortex), sondern eine evolutionsgeschicht- lich weit ältere Gehirnregion: das sogenannte lim- bische System, auch Gefühlshirn genannt. Hier sind all unsere Lebenserfahrungen und Werte ab- gespeichert. Und dann gibt es noch das Stamm- hirn: dieses uralte Gehirn hat für Millionen von Jahren nur ein Ziel verfolgt: überleben – egal, wie. Dafür waren früher blitzschnelle Entscheidungen nötig: Wenn der Säbelzahntiger vor unseren Urah- nen stand, gab es nur noch eine Überlebenschan- ce: weglaufen, so schnell wie möglich, dazu ging das Großhirn offline (nicht mehr denken sondern handeln als Überlebensprinzip). Weitgehend unbewusste und vor allem automati- sierte Verhaltensmuster bestimmen uns viel mehr, als uns im Alltag manchmal lieb ist. Der „Aufzug im Gehirn“ – der Autopilot bei Stress Wir können uns die Funktionsweise unseres Ge- hirns wie einen Aufzug vorstellen: Ganz oben, im Großhirn sitzt der präfontale Cortex. Er ermöglicht uns, vorrausschauend und rational zu denken, wir finden umsichtige und kreative Lösungen. Doch Der innere Beobachter geht also folgende Schritte: • Ich lasse meine Gedanken und Gefühle wertfrei zu. • Ich beobachte sie aus der Adlerperspektive. • Ich nehme erst einmal wertfrei das an, was gerade da ist – ohne sofort zu reagieren. • Ich filtere heraus, was im nächsten Schritt für mich hilfreich ist. Wie das Großhirn auch in kritischen Situatio- nen „online“ bleibt Nehmen wir an, wir haben den Akku gut gefüllt, unsere Kraftquellen im Bewusstsein und surfen achtsam durch den Alltag – und dann gibt es trotz- dem immer wieder diese Situationen, die uns aus- hebeln, aus dem Gleichgewicht bringen. Woran das liegt kann ein kleiner Ausflug in die Hirnforschung erklären. Wir befinden uns im Alltag häufig im Modus des Au- topiloten. Denkprozesse brauchen sehr viel Ener- gie, deshalb ist unser Gehirn darauf programmiert, so effizient wie möglich und dabei energiesparend zu arbeiten. Allerdings ist der Autopilot vor allem dann nicht nützlich, wenn wir aus dem Gleichge- wicht kommen – in Konflikt- und Stresssituationen. Es sind diese Momente, in denen wir – oder besser gesagt, unser Großhirn – im Grunde genau wissen, was konstruktiv wäre und wie wir uns verhalten möchten: gelassen bleiben, klar Stellung beziehen, ruhig weitermachen… Doch dann, trotz aller guten Vorsätze, “passiert es” – die Stimme versagt, wir explodieren oder die im Vorfeld so gut überlegten Argumente fallen uns einfach nicht mehr ein. Spä- ter kommt dann vielleicht noch der Ärger über uns selbst dazu: Warum konnten wir einfach nicht sou- verän bleiben? Die Machtzentrale sitzt im Gefühlshirn Um zu verstehen, warum wir in schwierigen Situa- tionen manchmal nicht so reagieren, wie wir es uns eigentlich vorgenommen haben, müssen wir uns erst einmal bewusst machen, wie unser Verhalten gesteuert wird. Die eigentliche „Machtzentrale“ in unserem Be- wusstsein ist nicht – wie lange Zeit angenommen – Bildquelle: Christine Lehner