Marktkommentar für das 1. Quartal 2024

Marktkommentar für das 1. Quartal 2024

Sagmirquando,sagmirwann

… senken die Notenbanken die Zinsen.

Die Notenbankpolitik ist aktuell DAS entscheidende Thema an den Finanzmärkten. Wann senkt wer und wie viel? Es könnte sein, dass die EZB dieses Mal vorprescht und vor der US-amerikanischen FED die Leitzinsen senkt. Denn die Inflation geht im Euroraum schneller zurück und der ökonomische Druck wird stärker. Den Anfang machten allerdings überraschend die sonst so „langsamen“ Schweizer, die am 21. März den Zins um 0,25

% senkten.

Eine Sonderstellung nimmt allerdings die japanische Notenbank (BoJ) ein. Lange hatte diese sich verweigert, die Zinsen zu erhöhen und behielt den Leitzins seit 2016 im negativen Bereich – bis zum 19. März. An diesem Tag wurde u.a. die erste Zinserhöhung seit 17 Jahren beschlossen und der Zins von

-0,1 % über die 0 %-Marke angehoben.

sind hoch und damit auch das Enttäuschungspotential. Besonders in den USA, wo die Wirtschaftszahlen weiter sehr robust sind und sich die Anzahl der erwarteten Senkungen reduziert und der Zeitpunkt nach hinten verschoben haben. Die Wahr- scheinlichkeit einer ersten Zinssenkung auf der Notenbanksitzung am 12. Juni liegt nur noch bei 51 %.

Dies alles verdrängt bzw. überlagert die weiter schwelenden geopolitischen Probleme in der Welt. Im Ukrainekrieg zeichnet sich keine Lösung ab. Allerdings sieht man, wie fragil und verletzlich Russland nach dem Anschlag auf die Crocus City Hall am 22. März ist. Und der Gazakrieg zieht sich ebenfalls in die Länge. Die Folgen, die sich daraus ergeben, sind heute nicht absehbar. Es ist schwer vorstellbar, wie Israelis und die Bewohner des Gazastreifens in naher Zukunft in Frieden zusammenleben können.

Das waren auch Themen auf der Münchner Sicherheitskonferenz (MSC), die Mitte Februar ihr 60. Jubiläum feierte. Obwohl „feiern“ auf Grund der aktuellen Lage den meisten Teilnehmern schwerfiel. Hier eine Zusammenfassung der Konferenz.

Die Aktie von Nvidia steht hier sinnbildlich für den derzeitigen Hype. Nach Verkündung der Quartalszahlen am 22. Februar ist die Aktie um 16,4 % nach oben geschossen und hat mit

277 Mrd. US-Dollar den größten jemals erzielten Tageszuwachs einer Aktie in US- Dollar erzielt. Damit ist diese Aktie und einige wenige andere für den Großteil des bisherigen Jahresplus der großen Indizes verantwortlich – wie schon in 2023.

Und zuletzt noch einmal die Erinnerung an das Superwahljahr. Die „Wahl“ in Russland, die vom Tod von Alexei Nawalny überschattet wurde, ist zwar beendet, aber in Indien wird im April und Mai das Parlament neu gewählt und im Juni ist die Europawahl. Und dann ist da noch der Elefant im Raum – die Wahl in den USA im November. Alles sieht nach einer Neuauflage Biden vs. Trump aus. Noch sind die Märkte eher gelassen …

Es bleibt also wie immer spannend. Daher macht es auf Grund der hohen Dynamik auch keinen Sinn, Prognosen abzugeben. Flexibilität ist Trumpf!

Der J.P.Morgan Global Services Business Activity Index stieg von 51,6 Punkten im Dezember auf 52,5 Punkte, den höchsten Wert seit Juli 2023.

Der JP Morgan Global Manufacturing PMI Index stieg ebenfalls von 49,0 Punkte im Dezember auf 50,6 Punkte und liegt damit wieder über der Wachstumsschwelle von 50 Punkten. Es ist sogar der beste Wert seit Juli 2022.

Allerdings wird das produzierende Gewerbe von den Schwellenländern getragen (grüne Linie). Die sogenannte entwickelte Welt erholt sich zwar, liegt aber unter der Wachstumsschwelle von 50 Punkten.

Fazit:

Die Welt wächst wieder, aber mit zwei Geschwindigkeiten. Der „Westen“ bzw. der globale Norden moderat, die Schwellenländer bzw. der globale Süden stärker, allen voran Indien.

Die Frage ist nun, was die Notenbanken daraus machen. Ist das Wachstum noch zu stark und die Inflation zu hoch? Trotz der Zinserhöhung der FED, EZB & Co.?

Eine komische Situation. Eigentlich ist Wachstum gut für Aktien, aber die Marktteilnehmer haben sich auf Zins- senkungen „eingeschossen“. Was setzt sich nun durch? Müssen Bewertungen bei Aktien angepasst werden?

Tabelle mit ausgewählten Performancezahlen per 31. März 2024

EM = Emerging Markets, FM = Frontier Markets

Weitere Daten zur Wertentwicklung verschiedener Länderindizes finden Sie auch hier auf den Seiten von MSCI. Eine Einschätzung mit Auf- und Abstufungen finden Sie wie immer auf der Seite 12.

Das war schon wieder das 1. Quartal ….

… und es war ein Gutes. Die obige Tabelle zeigt die Wertentwicklung ausgewählter Länder, Indizes bzw. Assetklassen mit teils zweistelligen Zuwächsen. Das größte Plus weist Japan mit über 20 % auf. Der Nikkei hat erstmals seit 1987 neue Allzeithochs erreicht. Und der eine oder andere wundert sich, warum der Dax trotz eines stagnierenden Wirtschaftswachstums über 10 % zulegte. Allerdings ist der Dax nicht der Gradmesser der deutschen Wirtschaft, das ist eher der MDax und dieser liegt leicht im Minus. Der Mittelstand leidet deutlich mehr unter den Problemen wie Energiekosten, Bürokratie etc.

Rohstoffe und vor allem Gold profitierte von der Zinssenkungsphantasie und erreichte nur Allzeithochs. Auch wird die Nachfrage nach vielen Rohstoffen auf Grund der Energiewende in den nächsten Jahren steigen. Das sollte die Preise steigen lassen. Eine Sondersituation konnte man bei Kakao beobachten, der durch massive Ernteeinbrüche in diesem Jahr auf 10.000 US-Dollar pro Tonne stieg – eine Verdreifachung binnen eines Jahres! Da kommt nur Bitcoin mit, der inzwischen über

70.000 US-Dollar gestiegen ist und neue Allzeithochs erreichte.

Abschließend kann man sagen, dass wir im 1. Quartal eine Rally of everything gesehen haben, befeuert von den Zinssenkungshoffnungen.

Wie geht es weiter – April, April, er macht was er will oder Sell in May and go away?

Das ist – wie immer – eine schwierig zu beantwortende Frage. Wir sind ohnehin keine Freunde von Prognosen im Allgemeinen. Es ist viel wichtiger, ein gut diversifiziertes und langfristiges robustes Portfolio zu konstruieren und dieses ggfs. den Gegebenheiten anzupassen.

Das „Problem“ an der guten Entwicklung in den letzten sechs Monaten, besonders bei Aktien, ist, dass es hauptsächlich zu Lasten der Bewertungen ging. Das KGV (Kurs-Gewinn-Verhältnis) beim S&P

500 liegt aktuell bei fast 27 – deutlich über dem langfristigen Schnitt. Es war aber auch schon höher

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Auch ist die Zinssenkungseuphorie etwas trügerisch. Der Markt feiert die kommenden Zinssenkungen, doch warum werden die Notenbanken senken? Weil die Inflation zurückgeht? Weil die Wirtschaft unter Potential wächst? Letzteres wäre eher negativ für die Gewinne der Unternehmen und somit für Aktien im Allgemeinen. Und wenn die Inflation nicht ganz so stark fällt und sich auf einem erhöhten Plateau einpendelt?

Die US-Notenbank rudert gerade etwas zurück. Wahrscheinlich wird diese weniger senken als ursprünglich gedacht und kommuniziert. Das könnte ein Risiko sein.

Fazit und Ausblick:

Kurzfristig – und da wiederhole ich mich gerne – ist eine seriöse Aussage fast unmöglich, so ehrlich müssen wir sein. Es gibt unverändert zu viele Unbekannte und die Dynamik ist weiter extrem hoch. Und die Fallhöhe ist inzwischen noch höher als vor drei Monaten. Aber …

Langfristig gilt unverändert – Investoren können nur mit Aktien Vermögen (nach Inflation) erhalten und aufbauen – ungeachtet der derzeit kurzfristigen Risiken. Dafür werden Investoren aber langfristig mit einer Prämie entlohnt. Wichtig wird sein, in welchen Sektoren und Ländern man investieren muss. Auch wenn KI/AI gerade in aller Munde ist – und langfristig fundamentale Veränderungen mit sich bringt – darf man nicht jedem Hype nachrennen. Und obwohl die Globalisierung wohlmöglich seinen Höhepunkt erreicht hat, so ist der Handel nicht tot. Es müssen und werden Alternativen für China gefunden, ob in Indien, Vietnam oder auch in Osteuropa. Daraus ergeben sich auch Chancen für Anleger. Wobei China eventuell in 2024 überraschen könnte. Die Bewertungen sind attraktiv und niemand will mehr in China investiert sein.

Und ein Sektor des Aktienmarktes ist derzeit sehr attraktiv – kleineAktien,auchSmallCapsgenannt. Diese wurden in den letzten Jahren vernachlässigt und sind relativ zu großen Aktien sehr attraktiv bewertet.

Chancenreich sollten auch Rohstoffe und Edelmetalle sein. Gold könnte aber kurzfristig korrigieren, da es schon recht heiß gelaufen ist und auch ein Profiteur der Zinshoffnung ist.

Und die aktuelle Marktlage bietet nicht nur für „konservativ“ ausgerichtete Anleger immer noch eine gute Einstiegschance in einigen Anleihesegmenten – so z.B. bei kurzlaufenden Investmentgrade- Unternehmensanleihen oder Emerging Markets Anleihen. Lange Laufzeiten sind nach wie vor nicht attraktiv.

Bei Hochzinsanleihen steigen die Risiken und die Bewertungen sind nach der Erholung in 2023 nicht mehr ganz so attraktiv. Geldmarktfonds, die in den letzten Wochen und Monaten eine Renaissance erlebten, bieten zwar noch eine positive nominale Rendite, doch das könnte sich bald ändern, wenn die Notenbanken die Zinsen wieder senken. Dies gilt auch für Festgelder.

Alle Einschätzungen der wichtigsten Märkte/Anlageklassen finden Sie auch auf Seite 12.

5 https://www.morningstar.de/de/news/247168/ist-der-us-aktienmarkt-inzwischen-%C3%BCberbewertet.aspx

Auch das lange, wenig erfolgreiche „Risikomanagement“ erlebt nun langsam wieder eine Renaissance und kann helfen, die Verluste in „unerwarteten“ Ereignissen (schwarze Schwäne6) zu minimieren.

Somit gilt unverändert – Anleger benötigen einen langen Anlagehorizont, Flexibilität, erhöhte Risikotoleranz sowie eine breite und intelligente Diversifikation über Regionen, Währungen und Anlagestile – sowie Nachhaltigkeit. Vor allem Nachhaltigkeit (Dekarbonisierung) wird in Zukunft immer mehr zu einem integralen Risikomanagement-Instrument. Denn neben dem Klimawandel haben wir u.a. ein Biodiversitätsproblem und der Rohstoff Wasser wird immer rarer. Auch wenn darauf spezialisierte Aktien und Fonds in vergangen zwei Jahren teils gelitten haben.

Und mit das Wichtigste zum Schluss – Ruhe bewahren und der eigenen Strategie treu bleiben, auch wenn es uns die Psyche nicht immer leichtmacht. Wer sich damit etwas beschäftigen möchte, dem sei das Buch „Psychologie des Geldes“ von Morgan Housel zu empfehlen.

„Geld hat viel mehr mit Psychologie zu tun als mit Finanzen. Wenn es um Geld geht, glauben wir, dass wir bestimmte Fakten, Regeln und Gesetzmäßigkeiten kennen müssen. Wir gehen davon aus, die Welt der Finanzen sei die Welt der Mathematik, in der Daten und Formeln einem exakt sagen, wie man sich verhalten soll – und die Menschen würden sich dann danach richten. Dabei ist das Gegenteil der Fall: In der realen Welt treffen Menschen ihre finanziellen Entscheidungen nicht aufgrund einer Tabellenkalkulation. Sie treffen sie beim Abendessen oder während eines Meetings, wo die persönliche Geschichte, der individuelle Blick auf die Welt, das eigene Ego und weitere krude Einflüsse zusammentreffen. Es geht also in erster Linie um Psychologie, um Emotionen und Grauzonen.“

In diesem Sinne – bleiben Sie hoffnungsvoll. Es grüßt Sie demütig,

Frank Huttel

Marburg, den 8. April 2024

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6 https://de.wikipedia.org/wiki/Der_Schwarze_Schwan_(Nassim_Nicholas_Taleb)

Markteinschätzung (Basisszenario)

Taktik

Strategie

ab=Abstufung auf=Aufstufung

Chartgalerie(Stand31.03.2024)

Dax

Dax erreichte ein neues Allzeithoch und stieg erstmals über 18.000 Punkte. Das Jahresplus liegt bei sehr guten 10,4 %.
EuroStoxx 50
Auch europäische Aktien stiegen weiter.
Gasfüllstand
Mit 65,5 Prozent liegt der Füllstand der Gasspeicher rund 1 % über dem Vorjahreswert. (Stand: 28.03.2024).
Gold


Gold erreichte nun auch ein frisches Allzeithoch.
Inflation (USA) per Februar 2024

Die Inflation in den USA pendelt sich über der Marke von 3 % ein.
10jährige US-Treasuries (Zinsen)


Die US-Zinsphantasie kommt am langen Ende nicht an. Zinsen stiegen leicht.
Vix (Volatilität)
Die „Vola“ ist unverändert ein Phänomen. Sie zeigt keine wirkliche Angst trotz geopolitischer Risiken und Rezessionsgefahren.
Bitcoin
Bitcoin weiter auf dem Weg nach oben.
Preis für 1 Tonne CO2

Der Preis für eine Tonne CO2 gab deutlich nach, erholte sich aber in den letzten Tagen etwas.
Rohöl

Rohöl tendiert trotz der Nahostkrise seitwärts. Bleibt die Nachfrage schwach?
Stimmung – Fear & Greed


Der Indikator liegt aktuell mit einem Wert von 71 im „Gier“ Bereich – und das bereits seit Anfang des Jahres. Hier geht es zur Seite.
Kursexplosion bei Kakao

Der Preis für Kakao ist so stark gestiegen, wie seit 20 Jahren nicht mehr. Alleine in 2024 ist dieser um knapp 130 % gestiegen.

©CopyrightFiNetAssetManagementAG –Stand:31.März 2024

Dieser Marktkommentar oder Auszüge davon dürfen von Partnern der FiNet Asset Management GmbH unter Angabe der Quelle verwendet werden. Die Performancedaten wurden aus Quellen entnommen, die wir für zuverlässig halten. Eine Garantie für die Richtigkeit können wir aber nicht übernehmen.

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